Leiwand ist anders!

Ich weiß, alle sind müde von dem ganzen Wahnsinn. Ich auch. Der Corona Herbst also. Nicht Fisch nicht Fleisch, immer mit einem Bein im Lockdown. Im Zwiespalt zwischen dem Ernstnehmen der Pandemie und dem Unverständnis für die Maßnahmen, die gefühlt mit mehr als zweierlei Maß messen. So werden wir ihn in Erinnerung haben, wenn wir an das Jahr 2020 zurückdenken.

Dann kam der Herbst

Die letzten Wochen waren vor allem beruflich ein Auf und Ab (wie eh schon das ganze Jahr). Im Sommer dachte ich noch, dass ich die Kurve kratze und meine Selbstständigkeit schon irgendwie auf die Reihe bekomme. Die Spielegruppen (Eltern und ihre Babys oder Kleinkinder) konnte ich in der warmen Zeit nach Draußen verlegen und meine Outdoorgruppen mit den größeren Kindern durften ohne Weiteres normal stattfinden. Die Meldung, dass ich aufgrund von Covid-Maßnahmen den Raum für meine Spielgruppen nicht mehr nutzen kann, kam für mich im September aus dem Nichts. Die ersten Einheiten im Herbst konnten noch im Freien stattfinden, doch je näher wir dem Oktober rückten, desto dringlicher wurde die Frage nach einem geeigneten Raum. Ich telefonierte, hatte Termine, schrieb Mails – tagelang. Die Menschen und Vermieter waren in Anbetracht der Corona Situation allesamt skeptisch, aber freundlich. Einen Raum wollte bzw. konnte mir leider niemand vermieten.

Etwas Zweifel und ein Funke Hoffnung

Meine Spielegruppen musste ich (weil draußen schon zu kalt und die Babys noch sehr jung) zweimal auf die folgende Woche verschieben, in der Hoffnung bis dahin eine Lösung gefunden zu haben. Die Eltern waren super verständnisvoll und zum Glück alle sehr flexibel. Ich haderte mit mir selbst, weil ich das Gefühl hatte sehr unprofessionell zu wirken. Ob meine Selbstständigkeit eine gute Idee war? Ich zweifelte, grübelte, wütete, weinte. Ich nahm es auf die leichte Schulter, belächelte, tanzte, ignorierte.

Irgendwann dann, ein Funke der Hoffnung. Mit der Unterstützung eines ganz besonderen Menschen (ich bin so froh, dass das Leben solche Begegnungen für mich bereithält) habe ich noch einen Raum gefunden. Kurz vor knapp. Ich war so erleichtert und spürte wieder diese Energie, die ich immer am Anfang eines Herzensprojekt verspüre. Es konnte weitergehen, der Herbst war finanziell gesichert. Dachte ich…

Neue Maßnahmen

Zwei Wochen lang lief alles gut. Dann folgten neue Maßnahmen. Ich verbrachte einen Abend damit, mich durch das Gesetz zu ackern, um auch wirklich nichts misszuverstehen. Leider war das Ergebnis mehr als enttäuschend für mich: Kleinere Gruppen und Mund-Nasen-Schutz während der gesamten Einheit.

Die Gruppen zu minimieren oder eventuell nur zweiwöchig zu machen (auch wenn das dann doppelte Arbeit fürs selbe Geld bedeutet) wäre schon irgendwie machbar gewesen. Aber 90 Minuten Mund-Nasen-Schutz in der Arbeit/im Spiel mit Babys und Kleinkindern? Die Vorstellung kam mir sehr befremdlich vor, wo doch in der Kommunikation mit Kindern vor allem das Nonverbale (im Speziellen das Gesicht) von großer Bedeutung ist.  Das geht am Sinn und Zweck meiner Arbeit vorbei. So möchte ich das nicht. Aber muss ich?

Ich stand also vor der Entscheidung meine Spielgruppen in einer womöglich befremdlichen und meines Erachtens nicht sinnvollen Art fortzuführen, dabei jedoch mein Einkommen zu sichern. Oder sie abzusagen, hinter meinen Prinzipien zu stehen und weiters auf das Verständnis der Eltern zu hoffen.

Und jetzt?

Tja, ihr wisst bestimmt, wie ich mich entschieden habe. Wer weiß wofür es gut ist, denk ich mir dann in solchen Momenten und versuche es leicht zu nehmen. Ich bin sehr dankbar, mich in einer Situation zu befinden, in der ich mich für meine Prinzipien entscheiden kann. Mir ist klar, dass das viele nicht können.

Und nun, ein paar Tage nach meiner Entscheidung stehen offensichtlich schon wieder neue Maßnahmen an. Wie gesagt, immer ein Fuß im Lockdown. Wer weiß, hätte ich nächste Woche überhaupt noch eine Wahl.

Alles nicht so leiwand! Aber: alles ok!

Alles Gute

Eure Anna