Geht´s noch? - Gedanken über das Kranksein
Ich denke über unsere letzten Wochen nach. Sie waren sehr durchwachsen, weil beide Töchter sich mit Kranksein abgewechselt haben. Nach 5 langen Wochen ist die Frage, wie oft und wie lange das noch dauert, da wohl mehr als berechtigt. Zum Glück haben wir ein gutes Netzwerk und konnten es uns gerade letzten Monat „gut leisten“, kranke Kinder zu haben (aber das ist eine andere Geschichte).
Was ist schon normal?
In einer Facebookgruppe hat letztens jemand gefragt, was Eltern ihren Kindern zur Unterstützung des Immunsystems geben, weil die Kinder im Winter ja so oft krank seien, und das nicht normal sei. („Nicht normal?“, denke ich bei mir und lächle in mich hinein. Was ist denn schon normal bei unseren Wundern.)
Mein wochenlanger Ausblick von der Couch
Ich war überrascht, wie viele Leute sich gemeldet haben, die ihren Kindern Nahrungsergänzungsmittel geben. Viele schon ab dem Kleinkindalter. Oder, meines Erachtens noch schlimmer, Medikamente als Prophylaxe. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Medis als Prophylaxe…."Gehts noch?", denke ich ganz leise bei mir…
Ernährung und Gesundheit bei Babys und Kindern sind Themen, bei denen man sich auf richtig dünnem Eis bewegt. Da kann man sich rasch Feinde machen oder zumindest für hitzige Diskussionen sorgen. Ich möchte dennoch einen kurzen waghalsigen Schritt versuchen und folgende These in den Raum stellen: Es ist ganz normal, dass Kinder krank werden!
Das Immunsystem muss lernen
Natürlich gibt es Krankheiten, bei denen auch das beste Hausmittelchen nicht hilft und dann gibt es auch noch Kinder, die anfälliger für Krankheiten sind, als andere. ABER: wenn unsere Kinder eine abwechslungsreiche Ernährung genießen sowie Bewegung an der frischen Luft, dann sind im Normalfall (!) weder Nahrungsergänzungsmittel noch Medikamente als Vorsorge von Nöten. Wir tun unseren Kindern keinen Gefallen, wenn wir ihre Körper nicht lernen lassen. Das Immunsystem der Kleinen durchwandert, vor allem in den ersten Jahren einen gewaltigen Lernprozess. Wenn wir ständig in diesen eingreifen, zerstören wir mehr als uns lieb ist. WIR (und das ist nicht unsere Aufgabe!!) lernen den Körpern unserer Kinder so, dass sie die Bildung von Antikörpern oder auch eigenen Hormonen nicht selbst auf die Reihe bringen.
Und was passiert, wenn man jemandem oft genug sagt, dass er etwas nicht schafft? Richtig, derjenige wird aufgeben und für sich arbeiten lassen. So auch der Körper bzw. das Immunsystem unserer Kinder.
Nahrungsergänzungsmittel sind zudem sehr oft viel zu hoch dosiert[1] und werden von vielen Eltern nicht als Ergänzung, sondern als Ersatz gegeben. Jede Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels sollte vorab mit einem Arzt besprochen werden, denn ganz oft besteht überhaupt kein Mangel. Alles andere wäre ja auch Irrsinn – wir gipsen unseren Kindern ja auch nicht die Beine, weil möglicherweise Knochen gebrochen sind. (Hinkt der Vergleich? Egal! Ihr wisst was ich meine!)
Müdes Kind, eine Menge Stofftiere und Vitamine
Natürliche Prophylaxe: Viel Bewegung und gesunde Ernährung
Jedes Fieber, jeder Huster, jedes Niesen des kleinen Körpers hat Sinn und gehört zum Lernprozess des Immunsystems. Wir sollten sehr genau überlegen wann und wie oft wir da eingreifen (sollen). Und wenn es wirklich notwendig ist, dann stellt uns die Natur unfassbar viele Möglichkeiten bereit, den kleinen Organismus bei seinem Lernprozess zu unterstützen, ohne mit künstlich hergestellten Mittelchen eingreifen zu müssen.
Maiwipfelsirup in the making
Nach langem Überlegen, habe ich dann auf die Frage in der Facebookgruppe geantwortet. In etwa, dass Kinder keine Prophylaxe notwendig hätten, bzw. diese aus gesunder Ernährung, viel Bewegung und Schlaf bestehen sollte. Natürlich sehr wertfrei und in der Hoffnung nicht übergriffig zu wirken. Und siehe da, ich war richtig überrascht, wie viele Eltern dies gutheißen und dachte ganz leise bei mir „Es geht noch!“
Tschausn - Eure Anna
[1]Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/95207/Verbraucherzentralen-Nahrungsergaenzungsmittel-fuer-Kin...