Es geht alles....irgendwie
Ich wollte eigentlich keinen Text mit einem „Coronathema“ schreiben, aber dieses Thema geht mir zu nahe.
Woche 6 und ich muss sagen: mir reicht's! Alles wird hochgefahren, es wird über Geisterfußballspiele diskutiert, Friseurtermine vereinbart und beim MC-Drive stellen sich zig Autos in eine Schlange, um sich ungesundes Essen zu holen. Kopfschüttelnd sitze ich da und versuche das Alles irgendwie einzuordnen und die Sinnhaftigkeit dahinter zu begreifen.
Geht ned, gibt’s ned
„Wir schaffen das hier alles schon irgendwie“, flüstern Eltern mantrartig, vor
allem um sich selbst zu besänftigen. Aber genau da liegt das Problem. "Irgendwie"
reicht uns nicht aus. Eltern kommen nicht erst jetzt an ihre Grenzen. Irgendwann
ist es nämlich einfach vorbei mit der Belastbarkeit.
Eltern von Kindern unter 6 Jahren wissen nicht, wie es weitergehen wird. Sie
versuchen Arbeit und Betreuung einigermaßen unter einen Hut zu bekommen. Das
war schon vor der Ausgangsbeschränkung für viele (vor allem Alleinerziehende)
nicht einfach, aber durch das Wegfallen von Betreuung durch Familie und
Freunde, ist es fast ein Akt der Unmöglichkeit.
(c) Kat Jayne
Ich habe das schon einmal geschrieben: wir Erwachsenen schaffen das schon
irgendwie. Aber was ist mit unseren Kindern? Was ist mit Kindern, für die der
Kindergarten mehr als nur ein Ort zum Spielen ist? Diejenigen, für die der
Kindergarten der einzig sichere Ort überhaupt ist? Was ist mit Einzelkindern, die seit über fünf Wochen keinen sozialen Kontakt zu
Gleichaltrigen hatten?
Ohne Lobby hast ka Leiberl
Bei der ersten Pressekonferenz diese Woche wurde über die Kindergärten erst gar nicht gesprochen. Erst als ein Journalist nachfragte, wie es denn bei Kindergartenöffnung aussieht, habe man erklärt, dass diese nicht notwendig sei, da es ohnehin eine Notbetreuung gibt. Eltern für die es also notwendig sei, können ihre Kinder seit Wochen notbetreuen lassen. Dass der Kindergarten als Bildungsstätte und vor allem als soziale Institution so geringgeschätzt wird, hätte ich nicht gedacht.
Eltern sind Systemerhalter. Und Kinder sowieso. Wie kann es dann sein, dass die
Kleinsten vergessen werden? Wie kann es sein, dass Eltern so im Stich gelassen
werden? Wir haben einfach keine Lobby. Deshalb hört uns gerade niemand. Und das macht
mich unfassbar wütend.
Das Chaos nimmt seinen Lauf
Echte Arbeit
Mir ist schon klar, dass es nicht einfach sein wird, Lösungen und Alternativen
zu finden. Aber, dass es nicht einmal eine Diskussionsgrundlage gibt, ist mir
unbegreiflich. Die letzten Wochen haben deutlich gezeigt, welche Prioritäten
unser System hat und gleichzeitig auch, wer das System am Laufen hält. Es geht
mir nicht darum, dass andere Themen keinen Stellenwert haben dürfen, sondern
einzig darum, dass Eltern und auch Kinder soeben
im Stich gelassen werden. Ich hoffe, dass der Aufschrei, der soeben vor
allem in den sozialen Medien stattfindet, auch Gehör findet (die Stadt Wien hat dazu gestern einen ersten Schritt gemacht).
Ich hoffe auch, dass irgendwann einmal Kinder als vollwertiger Teil der Gesellschaft angesehen werden und die Elternarbeit als vollwertige Arbeit und Beitrag am System anerkannt wird.
Und ich hoffe, dass sich in der Zwischenzeit einige Familien mit Kindern
zusammengeschlossen haben und einander ab und zu treffen.Alles andere ist für unsere Psyche (und damit mein ich vor allem die der
Kinder) doch sonst gar nicht mehr tragbar.
Schönes Wochenende
Eure Anna